Fragen im Vertrieb – 3 konkrete Anwendungsfälle und was dabei zu beachten ist

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Neulich im Coachinggespräch.

Während wir – ein Vertriebsleiter in einem größeren Systemhaus und ich – über die mögliche Nutzenargumentation für einen Managed Service sprechen, kommt mir ein spontaner Gedanke. Fragen wir doch die Kunden, welchen Nutzen sie real sehen?

Wir beide gehen den Gedanken durch und stellen fest, dass es gar nicht um eine einzelne Frage zum Nutzen geht, sondern um das wiederholte und immer tiefere Erfragen von Gedanken des Kunden, um wirklich zu verstehen, welche Entscheidungsmotivation für den Managed Service vorhanden ist.

Unser Coaching hat mich auf den Gedanken gebracht, für Euch heute drei spezielle Gesprächssituationen, die im Vertrieb wichtig sind, durchzugehen und zu schauen, wie wir in der jeweiligen Situation mit Fragen erfolgreich agieren können.

 

Die drei Beispielsituationen sind (A) nach dem Verkauf eines Managed Service, ja ich meine danach und (B) im Webinar und (C) im Recruiting für neue Vertriebsmitarbeitende.

Situation – 1 : Den Kauf wirklich verstehen

Stellen wir uns einmal vor, wir haben eine Kundenanfrage zu einem Managed Monitoring oder Managed Server. Das Beispiel hängt nicht am einzelnen Managed Service, dieser dient nur der Veranschaulichung. Wir haben die Lösung vorgestellt, wir haben den Nutzen aufgezeigt, der Kunde hat seine Fragen gestellt und am Ende haben wir uns auf einen Preis geeinigt.

So weit, so bestens. Aber wissen wir jetzt, warum der Kunde wirklich gekauft hat und was sein angestrebter persönlicher Nutzen für sich und sein Unternehmen ist? Meine These ist: vermutlich wissen wir das nicht. Denn in dem Moment, wo der Kunde Kaufsignale übermittelt, fragen wir in der Regel nicht mehr nach, warum er kaufen möchte. Es reicht uns ja, dass er kaufen möchte und wir setzen diesen Kauf dann bestmöglich um.

Mein Tipp in diesem Szenario ist. Fragen wir den Kunden doch nach dem Auftrag, warum er uns diesen erteilt hat. Das klingt komisch, kann aber sehr werthaltig sein. Vielleicht haben sich zwischen Vorstellung, Angebot und Auftrag beim Kunden Sichten ergeben, die wir gar nicht kennen. Wollen wir also erfahren, warum unsere Kunden unsere Services kaufen, können wir sie nach dem Kauf befragen.

Unsere Frage könnte also lauten:

Wir freuen uns sehr, dass wir sie mit dem Managed Monitoring unterstützen werden. Bitte beschreiben Sie mir, was für Sie das Hauptmotiv für diesen Service ist und was sie damit erreichen möchten?

Als ich das mit meinem Coachee durchgespielt habe und er an seinen Kundendialog gedacht hat, war die erste Antwort des IT Leiters des Kunden auf diese Frage:

Weil ich dann eine Übersicht über alle Geräte und die installierte Software habe

Ist das schon der wirkliche Kaufgrund? Wir machen weiter. Warum ist diese Übersicht wichtig?

Kunde: Weil ich dann alles automatisch aktualisiert sehe, ohne großen Aufwand.

Einer geht noch. Warum ist diese vollständige und automatisch aktualisierte Übersicht wichtig?

Kunde: Weil das die Compliance fordert

Ach. Dann haben Sie also keinen Stress mit ihrem Chef?

Kunde: Genau

Mit viermaligem Nachhaken haben wir den wirklichen Grund herausgefunden. Das Nichterfüllen der Compliance Anforderung führt zu Stress mit dem Chef. Die Übersicht ist das Mittel, dieses Ziel zu erreichen, aber nicht der Kaufgrund.

Hier zeigt sich eine weitere vertrieblich wichtige Sicht. Wir haben ein Problem im Außen „uns fehlt eine vollständige Übersicht“ und ein Problem im Innen des Menschen, für den wir etwas tun wollen. Letztens las ich den interessanten Satz: Wir bieten Lösungen für Probleme im Außen, die Menschen geben aber Geld für Lösungen der Probleme im Innen aus. Da ist aus meiner Sicht etwas Wahres dran.

Ist das Budget frei gegeben, damit man eine vollständige Übersicht hat oder um keinen Stress mit dem Chef zu haben? Was meinst Du?

Kommen wir zum zweiten Beispiel:

Wir haben die Freude, ein Webinar für Kunden halten zu dürfen. Auch hier ergibt sich der Aspekt, ob wir wirklich wissen, warum die Teilnehmer dabei sind. Also warum nicht am Anfang des Webinars mit ein paar Fragen starten, oder?

Meine eigene Wahrnehmung ist: Nicht jede Form der Frage zum Start eines Webinars ist hilfreich und drückt das wahrhaftige Interesse am Gegenüber aus.

Wenn Ihr zum Beispiel sagt: Wen stört es nicht auch, dass Problem abcd uns jeden Tag so viel Zeit kostet? Wer hätte nicht gerne die Zeit für etwas anderes genutzt? Und wer hätte nicht gerne eine Lösung, die Problem abcd eliminiert?

Das könnt Ihr machen, nur erfahrt Ihr dabei nichts über Eure Teilnehmer.

Mit Pseudofragen positioniert Ihr Euch als Verkäufer und nicht als Helfer. Das könnt Ihr machen, solltet Euch dann aber auch dessen bewusst sein.

Welche Option hat der Helfer, der Vertrauen und Verbindung aufbauen möchte?

Wie wäre es, wenn wir die Chatfunktion nutzen und offen fragen? Keine Antworten in den Mund legen, sondern offen fragen: welches Problem wollt Ihr mit dem heutigen Thema und dem Content angehen? Wie wird Euer Job besser, wenn das Problem gelöst ist?

Und wir können im Chat weiter fragen. Wenn Ihr das Problem abcd lösen wollt, habt Ihr dann dafür schon Services bei Euch eingeführt und mit welchen Ergebnissen?

Auch wenn in der Regel quantitativ weniger Output zurückkommt, ist er hilfreicher für Euch. Und in aller Regel seht Ihr auch einfacher, wer antwortet und sich damit für weitere Kontakte und Hilfen durch Euch qualifiziert.

Das dritte Szenario, bei dem wir üblicherweise viele Fragen stellen, ist das Recruiting neuer Vertriebsmitarbeitender.

Und eine Eigenschaft, die ich immer in Bewerbungsgesprächen versuche zu erkennen, ist Neugier. Je neugieriger, desto besser ist das für den Einsatz im Vertrieb.

Wie können wir die Eigenschaft Neugier herausfinden? Meine Annahme ist, dass alle Menschen bei den Themen, die sie wirklich interessieren auch neugierig sind. Mindestens da – also setze ich hier an.

In einem Echtfall vor drei Jahren hatte ein Bewerber im Lebenslauf als Hobby Tauchen angegeben. Ich selber habe davon überhaupt keine Ahnung, also hatte ich mich im vorab entschieden, die Neugier am Thema Tauchen zu testen und zu erfragen.

Die Fragen ergaben sich dann recht leicht:

Warum ist Tauchen für Dich so spannend?

Wo möchtest Du gerne tauchen?

Was reizt Dich an den neuen Orten?

Welche neuen Fähigkeiten beim Tauchen möchtest Du noch erlernen?

Tauscht Du dich mit anderen Tauchern aus oder bist in Tauchforen?

Was würdest Du jetzt als Antworten eines neugierigen Menschen erwarten? Doch vermutlich, dass ganz viele Informationen und spürbare Begeisterung transportiert werden. Mit diesen offenen und wenigen Fragen habe ich einen sehr guten Eindruck über die Ausprägung der Neugier erhalten können.

Probiert es einmal aus, das mehrfache Fragen ist eine ganz natürliche Sache, wenn wir beim Gegenüber sind und nicht bei uns.

 

Was zeigen die drei Situation als Zusammenfassung auf?

  1. Seid von der Haltung her unvoreingenommen und geht offen in Eure Gespräche, ohne zu meinen, dass ihr die Antworten schon vorher kennt
  2. Stellt bewusst offene Fragen und gebt keine Antworten in der Frage vor
  3. Hinterfragt über wiederholtes Nachhaken die eigentlichen Motive und damit auch die so wichtigen emotionalen Aspekte Eures Gegenübers

Wenn Du einmal über Eure Nutzenfragen im Bereich Managed Services oder andere Aspekte mit mir sprechen möchtest, dann nutze gerne den Terminbuchungslink in den ShowNotes und wir lernen uns kennen und sprechen über Dein Anliegen.

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