“Und plötzlich bin ich auf der Spaß-Seite des Kunden” – von einem der auszog, die Cloud Journey zu leben

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Ihr seid sehr in Richtung Cloud positioniert und so eine Cloud Journey startet ja damit, dass man erst mal übers Reiseziel spricht. Wollen wir nach Norwegen oder nach Malle? Wie findet ihr diese Richtungsentscheidung mit welchen Formaten gemeinsam mit dem Kontakt heraus?

Ich will da zwei Fälle unterscheiden. Der eine ist der Kunde, der selber von sich aus schon in die Cloud gehen möchte und uns die Frage stellt: Wie mache ich das denn? Da kann man sehr viel weiter hinten einsteigen. Der andere Kunde ist klassischerweise der, der unter Cloud immer noch versteht, dass eine VM irgendwo anders gehostet wird und das Ganze teurer ist. Da ist eine ein ganz anderes Warum an den Anfang zu stellen in Form von Evangelisierung, was nicht immer klappt. Aber da brauche ich Inspiration. Was kann denn im eigenen Geschäftsmodell passieren, damit die Cloud auch Mehrwert generiert? Und das tun wir in der Regel mit Inspiration Workshops und natürlich vor allem mit konkreten Beispielen, die ähnliche Szenarien bereits abgebildet haben.

Der Fixstern der Reise muss sein, dass IT mehr wird, als die internen Prozesse des Unternehmens effizient abzubilden, sondern am Ende geht es darum, dass ich herauswachse mit der IT von ‚business facing‘ zu ‚customer facing‘. Ich möchte dir dazu mal ein Beispiel bringen. Wir haben einen Kunden, der stellt Saatgut her und Saatgut ist nun wirklich ein Produkt, analoger geht’s wirklich nicht. Was haben die gemacht? Sie haben im Grunde dem Landwirt, dem Abnehmer des Saatgutes, einen digitalen Zwilling seines Feldes geschaffen, so dass ich mit Drohnen Bilder und eine künstliche Intelligenz sehen kann. Wo wächst mein Feld gut an? Wo kann ich Düngemittel sparen? Wo kann ich Pestizide sparen? Das Ergebnis ist, dass der Landwirt ein Steuerungsinstrument kriegt für sein Saatgut. Und ich spare ungefähr 30 % einiger Zusatzstoffe.

Lass uns bitte kurz an dem Beispiel bleiben, bei dem ihr mit diesem ja sehr haptischen und analog arbeitendem Geschäftsmodell in Kontakt kommt. Habt ihr so kreative Menschen, die nach einer Zeit auf so eine Idee kommen? Oder habt ihr in dieser Frühphase Formate, mit denen die Idee gemeinsam mit dem Kunden entwickelt wird?

Wir verstehen Datenmodelle gut und das Saatgut, die Farbe des Blattes, die interpretiert werden muss, dafür brauchen wir die Biologen des Kunden. Und diese Inspiration kann nicht immer vollständig von einem IT Dienstleister kommen. Was du sehr wohl tun kannst, ist, die richtigen Fragen zu stellen und dann die Menschen dazu bringen, ihre Antworten selber zu finden. Eine Art davon ist tatsächlich, das Geschäftsmodell zu hinterfragen. Was sind denn die größten Probleme darin? Und daraus dann irgendwann den Sprungpunkt finden und sagen, dafür gibt es künstliche Intelligenz und auch die Bild-Interpretation kann die Cloud. Und dann zeigen wir auf, dass die Cognitive-Services in der Cloud derart fortgeschritten sind, dass wir Fragen wie: Brauche ich für 6 Millionen € Hardware, um ein Modell zu trainieren? mit Nein beantworten. Das kann ich bei AWS einfach mieten.

Unternehmen, die in der Cloud Journey sehr am Anfang stehen, haben IT in der IT Abteilung normalerweise Techniker, die gewohnt sind, Ressourcen im eigenen Unternehmen zu provisionieren. Die tun nicht viel am Geschäftsmodell. Das war auch nie deren Aufgabe und von das darf man ehrlich gesagt auch nicht verlangen. Der Einstieg passiert dann normalerweise in mittelständischen Unternehmen über die Geschäftsleitung oder in etwas größeren Unternehmen über Fachabteilungen.

 In welcher Phase schaut Ihr euch eine technische Migration Readiness an?

Also wir versuchen erst mal nach Möglichkeit klassisches Lift & Shift zu vermeiden. Das hat ja keinen besonderen Mehrwert. Das ist in der Regel eine klassische Infrastruktur, die dann auf einem anderen Hypervisor liegt als vorher. Und dann beginnt eigentlich die Arbeit, aber die Kosten sind schon sehr hoch. Unser Versuch ist, dass du relativ früh schon mit Application Modernization anfängst. Dass du eine Umschichtung in die Architektur einer Cloud machst, was natürlich dazu führt, dass der Weg in die Cloud sehr viel langsamer als ein Shift geht.

Der Kunde hat auch meistens zu diesem Zeitpunkt kein Cloud Center of Excellence aufgebaut, also eine Gruppe von Menschen, die neue Form von Governance und Compliance in dem Unternehmen durchsetzt. Es gibt zwei Migrationsphasen, die man beachten muss. Da ist immer der technische Part, was hole ich in welcher Geschwindigkeit und auf welcher technologischen Plattform in die Cloud. Und das andere ist der organisatorische. Was ist jetzt anders? Wie muss ich Datenschutz bedenken. Dass heißt, ich gebe immer mehr von meinen Möglichkeiten, IT zu provisionieren, weg von einer IT Abteilung hin zu einer Fachabteilung. Es sind also viele Menschen, die das können. Das gibt mir eine Flexibilität.

OK. Wir machen gleich mehr als Lift in Shift. Dann verändert sich ja vielleicht auch das Tätigkeitsfeld und Verantwortungsfeld der internen IT. Wie ist denn hier der Weg in dieser gemeinsamen Cloud Journey?

Auch das ist sehr unterschiedlich. Es ist ja heute schon so, dass eine interne IT ein relativ heterogenes Gebilde ist. Da gibt es ein paar Menschen, die sind für Applications verantwortlich, die kennen die Prozesse innerhalb einer speziellen Applikation. Für die ändert sich häufig gar nicht so viel, weil diese Fachapplikationen weiterhin benutzt werden.

Wo sich natürlich viel ändert, ist in dem gesamten Infrastruktur Team und in der Security. Ein Rechenzentrum zu provisionieren versus eine Cloud zu provisionieren ist diametral unterschiedlich, setzt andere Tools und auch andere Skills voraus.

Der Klassiker ist, dass eine Geschäftsführung beschließt, ich muss raus aus meiner klassischen Welt. Und stellt sich dann einen CTO ein, der neu denkt, aber eine IT Abteilung hat, die in relativ alten Strukturen ist. Und da nimmt natürlich die Cloud relativ viel Business Tagesgeschäft von denen weg. Wenn in der Vergangenheit das Arbeiten an Server-Hardware Bestandteil war, das gibt es nicht mehr. Das kann ich alles durch ganz wenige Zeilen Code provisionieren und ich brauche auch andere Tools dafür. Das heißt, es ist ein maximales Umdenken notwendig. Wenn da ältere und nicht so umdenkwillige Menschen sitzen, kann das ein Problem sein. Du kannst in so einer Phase tatsächlich Mitarbeiter verlieren. Und das alte Argument, dieses Totschlagargument: Wir können nicht in die Cloud gehen aus Datenschutzgründen, das zählt auch in modernen Geschäftsleitungen immer weniger.

Wie nimmst Du die Themen Kosten und Governance wahr?

Stell dir vor, du hast früher Server gekauft, dann hast du große Mengen an Geld abgeschrieben. Der Wiederverkaufswert von Hardware ist nahezu verschwindend gering. Dass heißt eigentlich ist die klassische Welt eine viel stärkere Bindung, die du eingegangen ist als heute. Und IT entwickelt sich dann vom Cost Center in ein Profitcenter.

Und wenn ich in die Wertschöpfung des Unternehmens reinkomme, dann bin ich in ganz anderen Dimensionen von Geld unterwegs, weil ich auch auf der anderen Seite wieder Geld produziere. Damit ist sozusagen das Spielfeld offen, was IT Kosten angeht, wenn der Ertrag daraus noch größer wird. Und das ist die Position, die wir natürlich erreichen müssen und dafür braucht es anfänglich ziemlich viel Inspiration. Was wir häufig zeigen ist dieses Schaubild, was jeder kennt. Das ist so eine dunkelblaue Grafik mit hellen Symbolen; wenn man bei Google Azure Services sucht, kommt die immer als erstes. Und auf der ist ganz unten links ein kleines Kästchen Virtual Machines. Und dann sagen wir: guck mal da ganz unten links, das ist das, was du heute kennst. Alles andere kennst du noch nicht. Und mit dem Wissen von da möchtest du beurteilen, dass das alles nichts für ein Unternehmen ist? Ich glaube, du machst einen Fehler. Das wirkt fast immer. 

Was sind Themen, die, die Euch in Eurer Weiterentwicklung bewegen, wenn du auf 2023 schaust?

Spannende Frage. Der Reifegrad unserer Kunden steigt kontinuierlich. Ich kann nur jedem Systemhaus raten: Seht das Bisherige nicht mehr als euer zukünftiges Geschäftsmodell an, das wird es in dieser Form nicht mehr lange geben, sondern seht zu, dass ihr es schafft, wenigstens Infrastruktur in der Cloud betreiben zu können. Spätestens wenn sie von Microsoft gezwungen werden. Das ist der erste Schritt: raus aus den alten Wertschöpfungsketten.

Das nächste ist, einen Mehrwert zu generieren. Für die Kunden immer mehr in den Business Case des Kunden reinzukommen und zu verstehen, was kann man dort erreichen, was kann ich kreativ auch mitgestalten? Und plötzlich bin ich auf der Spaß Seite des Unternehmens, nicht mehr auf der Kostenseite. Ich bin nicht mehr der, der jetzt Geld abholen will für irgendetwas, was am Ende den gleichen Nutzen wie gestern hat. Nein, ich rede mit den Menschen, die echten Mehrwert in meiner Leistung sehen. In dem Moment ist verkaufen total einfach. Ich verkaufe, ich berate und mein Ziel fürs nächste Jahr ist, diese Cloud Journey Beispiele so aufzuarbeiten, dass unsere Kunden dadurch Inspiration erfahren können und dass wir eine Gruppe von agilen und innovativen IT Leitern und CIOs zusammenbringen können, die es schaffen, dass Deutschland immer weiter nach vorne kommt, so dass die deutschen Unternehmen digitale Champions werden.

 

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