Es gibt ein Geheimelixier, das viele Fragen und Probleme nicht Zustandekommen lässt oder bei ebendiesen der wesentliche Schlüssel zur Lösung ist. Wenn das Elixier in ausreichendem Maße vorhanden ist, werden Abläufe schneller und Lösungen vielfältiger. Wenn es nicht vorhanden ist, braucht es viele Hierarchie- und Freigabestufen und kleinteilige Ablaufdefinitionen. Das Zaubermittel, um das es heute geht heißt Vertrauen.
Zum Start möchte ich Euch einige reale Beispiele zeigen, bei denen das Systemhaus ungünstige Ergebnisse erzielte.
BEISPIEL-1:
Ein spannender Neukunde möchte einen neuen Servicevertrag abschließen und hat dafür mehrere regionale Systemhäuser angeschrieben. Nachdem alle schriftlich die angeforderten Informationen und Preise eingereicht haben, reduziert der Kunde die Anbieter auf eine Shortlist, die sich dann persönlich vorstellen darf und einige Admin-Testaufgaben wie User-Anlegen, Firewall-Konfigurieren etc. vor den Augen des Kunden bearbeiten soll. Quasi ein kleines Admin-Assessment. Es stellt sich nun die sehr spannende Frage, wer diesen Termin im Systemhaus wahrnimmt. Gehen wir hierfür davon aus, dass es um 8.000€ bis 10.000€ pro Monat geht. Welche Optionen gibt es?
- Zwingend erforderlich und angefragt sind zwei Admins, die die Aufgaben bearbeiten
- Dann könnte der Teamleiter mit, der die Aufwandskalkulation für die Preise gemacht hat
- Und der Vertriebsmitarbeiter, der die Chance aufgetan hat und mit dem Kunden verhandelt
- Vielleicht sogar alle zusammen?
Wie beurteilt Ihr das Setup? Mein Erfahrungswert ist, wer so antritt, wird nicht gewinnen, auch wenn er das bestmögliche Maß an Fachkompetenz vorgebracht hat und sogar besser war als seine Wettbewerber. Man hat rational alles geliefert und doch am Ende verloren. Warum?
Der Kunde entscheidet sich immer für das geringste Risiko und nicht für die größtmögliche Chance auf Verbesserung. Gerade bei Managed Service Verträgen. Das Setup der vier beschrieben Mitarbeiter hat eine Frage unbeantwortet gelassen. Wer hilft dem Kunden, wenn es mal brennt, wenn es nicht läuft, wenn er eskalieren möchte, wenn es wirklich wichtig ist? Der Kunde hat kein Vertrauen aufbauen können, dass ihm in den entscheidenden Situationen geholfen wird, dass jemand an seiner Seite ist. Wenn dem Chef hier der Aufwand eines ganzen Tages ohne konkrete Aufgabe zu hoch ist, dann wird der Auftrag am Ende aufgrund mangelnden Vertrauens wahrscheinlich nicht kommen.
Kunden haben diverse Fragen, die sie im Gespräch mit hoher Wahrscheinlichkeit nicht direkt stellen und doch für sich beantwortet haben wollen:
- Was ist, wenn der Anbieter nicht das liefert, was er verspricht.
- Was ist, wenn nicht kalkulierbare Kosten entstehen, verursacht durch Serviceanpassungen, deren Notwendigkeit sich vielleicht erst im Betrieb zeigt.
- Was ist, wenn es tatsächlich die falsche Lösung wäre? Ist dadurch seine Position im eigenen Unternehmen geschwächt?
- Was ist, wenn der Anbieter doch nicht so schnell reagiert, wie er versprochen hat?
Der Entscheider mag Bedenken haben, trotz aller sachlichen Argumente eine falsche Entscheidung zu treffen. Vor allem bei Managed Services mit Laufzeiten über mehrere Jahre ist dies oft der Fall.
Dies kann im Vertriebsprozess nur durch Vertrauensaufbau geheilt werden. Ich gehe später darauf ein, wie dieser Aufbau gelingen kann.
BEISPIEL-2:
Vielleicht kennt Ihr das? Es gibt Kunden, die diskutieren gefühlt jede Rechnungsstunde. Die prüfen die Rechnung tiefergehend als die eigene Buchhaltung oder die Technikerdisposition. Und generieren einen sehr hohen Aufwand durch langwierige Nachfragen oder Rechnungsrügen. Am besten der Kunde will dann auch jedes Mal mit dem Chef sprechen.
Was drücken diese Kunden im Kern aus? Sie vertrauen der Systemhaus-Rechnung nicht. Sie sind nicht sicher, dass sie das wirklich bezahlen müssen. Dieses Verhalten ist vermutlich schwierig durch eine rationale Intervention auf der Sachebene zu korrigieren. Beim kleinsten neuen Fehler werden dann wieder alle Positionen diskutiert.
Diesen Kunden fehlt das Vertrauen. Damit möchte ich nicht sagen, dass wir das bei jedem der Fälle erreichen können. Nur aufzeigen, dass es hier mehrere Ebenen gibt und sich die Problemebene und die Lösungsebene unterscheiden können. Die Frage ist, was gibt dem Kunden das Vertrauen, die Rechnungen weniger oder gar nicht zu prüfen?
BEISPIEL-3:
In einer Studie der Computerwoche sehen Kunden Vertrauen als die wichtigste Erfahrung der Zusammenarbeit an, die sie bei einem IT-Dienstleister oder Managed Service Provider suchen.
Deutlich vor Kundenorientierung, einer guten Servicedefinition und einer korrekten Abrechnung. Noch weiter abgeschlagen ist übrigens im Ranking ein lokaler Ansprechpartner oder atmende Verträge.
Quelle:
https://www.computerwoche.de/a/anwender-haben-keine-scheu-vor-dem-mythos-cloud,3547044
WAS MACHT DIESE PROBLEME SO SCHWER ZU LÖSEN?
Wir merken das mangelnde Vertrauen gar nicht so einfach.
Eine nicht gestellte Frage hören wir ja nicht, wir können sie nur erspüren.
Als Gründe für einen Nichtkauf wird nur selten das Bauchgefühl oder mangelndes Vertrauen angegeben, weil das vermutlich anrüchig wirkt und der Kunde sich dann angreifbar fühlt. Nach außen wird auf Nachfrage des Systemhauses immer etwas Rationales wie Preis oder Feature angegeben.
Bitte nehmt mit: Der Kunde entscheidet sich für das geringste Risiko und nicht für die größte Chance.
WIE BAUEN WIR NUN WIRKSAM VERTRAUEN AUF?
Ganz allgemein benötigt Vertrauensaufbau zwei Elemente und unser Verhalten kann diese beiden Zutaten stärken oder schwächen. Die beiden Elemente sind Charakter und Kompetenz.
Einerseits wird der Kunde und letztlich jeder Mensch, mit dem wir zusammenarbeiten, schauen, ob wir eine persönliche Integrität und gute Absichten zeigen. Ob wir ein offenes und ehrliches Verhalten zeigen und uns dann auch danach ausrichten.
Aber auch wenn wir jemanden für aufrichtig halten, für ehrlich, werden wir ihm noch lange nicht uneingeschränkt vertrauen, wenn er keine entsprechenden Ergebnisse und Erfolge vorweisen kann. Es braucht also auch sichtbare Kompetenz und messbare Ergebnisse.
Behalten wir das im Hinterkopf und schauen einmal zusammen auf fünf Ideen für mehr gemeinsames Vertrauen.
SCHRITT-1 -> Selbstvertrauen:
Wir vertrauen uns selbst und bauen uns keine Hintertürchen oder selbstbezogene Vorteile ein.
Passt unser Portfolio oder wäre es besser hier noch Veränderungen und Entwicklungen vorzunehmen? Vertrauen wir unseren Leistungen und den dafür aufgerufenen Preisen? Stellen diese eine stimmige Kombination dar? Sind die Preise eher Wünsche oder empfinden wir sie als fair und angemessen? Mit diesen Fragen können wir einmal in uns hineinhören, wie sehr wir diesen Basics vertrauen.
Gehen wir einen Schritt im Selbstvertrauen weiter in den Vertriebsprozess.
Haben wir schon ein Angebot für einen Service zusammen, mit dem wir uns wirklich selbst wohl fühlen? Sind Preis und Servicebeschreibung wirklich sicher und stabil? Würden wir selbst die Leistung so wie angeboten in Anspruch nehmen und nutzen?
Wenn wir uns an dieser Stelle selbst vertrauen, spürt das jeder Kunde. Wenn wir sicher sind, wirklich die beste Leistung für ihn liefern zu können. Dann braucht es auch weniger so genanntes Vertriebsgeschick, denn wir vertrauen ja unserem Service und das nimmt der Gegenüber auf jedem Wahrnehmungskanal mit.
Und der dritte Punkt bei Selbstvertrauen ist meine Verbindlichkeit.
Fühle ich mich an meine getroffenen Zusagen gebunden oder sind das lose Empfehlungen, die ich im Zweifel zu meinen Gunsten auslege? Oder würde ich auch abends um [23:00] Uhr für meine Kunden aktiv werden, wenn ich ein Ergebnis zugesagt habe.
SCHRITT-2 -> Kundenvertrauen:
Nach dem Selbstvertrauen kommt das Kundenvertrauen.
Der zweite Schritt meint, dass Kunden zuerst und zwar ohne Vorbedingungen vertrauen.
Geben wir unserem Gegenüber einen Vertrauensvorschuss. Denn das nimmt andere wirklich in die Pflicht. Wenn wir mit Hintertüren arbeiten, wird das auch unser Gegenüber tun. Wenn wir einen Vertrauensvorschuss geben, wird unser Gegenüber versuchen, diesen zu bestätigen.
Und um es klar zu sagen, wer diesen Vertrauensvorschuss ausnutzt, ist der falsche Geschäftspartner und das heilen wir auch nicht mit Vertragsklauseln, so ist zumindest meine persönliche Meinung.
SCHRITT-3 -> Empathie:
Vertrauen baut sich durch die Wahrnehmung unseres Charakters und Verhaltens auf und das heißt durch unsere Integrität und unsere Absichten.
Und unsere primäre Absicht darf sein, die Situation des Kunden und des Menschen gegenüber besser zu machen. Eigentlich geht es ausschließlich darum. Daher benötigen wir im dritten Schritt eine gute Empathie. Wir versuchen zu verstehen, was unseren Kunden umtreibt, was er erreichen möchte und warum das so ist. Betrachtet jede Situation und jeden Kontakt mit den Augen des Kunden. Wenn der Kunde spürt, dass wir ihn wirklich individuell verstehen möchten.
SCHRITT-4 -> Service-Excellenz:
Kommen wir in den zweiten Bereich neben Charakter, der für den Vertrauensaufbau wichtig ist und das ist die Kompetenzwahrnehmung.
Zeigen wir am besten schon im Vertriebsprozess eine Service Excellenz.
Wie wäre es, wenn wir dem Kunden die Möglichkeit geben, unsere Leistungen im Rahmen von Teststellungen zu “erleben”. Und das vielleicht auch ohne Kosten und als Vorgeschmack auf den sich anschließenden hervorragenden Support. Das geht sicher nicht für alle Managed Services, aber vielleicht eben doch für einen definierten Ausschnitt. Und alleine das Vorhandensein dieser Möglichkeit – unabhängig von der inhaltlichen Tiefe – erzeugt Vertrauen.
Das zweite Exzellenz-Element im Vertriebsprozess ist unser Angebot. Das ist eines meiner Lieblingsthemen. Auch hier nimmt der Kunde Kompetenz wahr, die seine Entscheidung beeinflusst.
Meiner persönlichen Meinung nach unterbreiten wir immer ein schriftliches Angebot in höchster Qualität. Weil das unser selbst gewählter Anspruch ist und nicht weil wir es immer müssten. Das ist eine Qualitätsaussage ohne Abkürzungen. Das Angebot ist optisch top und keine Tabelle wie bei einem Domainhoster mit klein/mittel/groß was darf es sein? und enthält zum Start eine individuelle Formulierung zum Kundenbedarf und schließt mit den eigenen Referenzen und Kunden-Beispielen.
SCHRITT-5 -> Kundenkommunikation:
Letztlich vertiefen wir das Vertrauen in uns und unsere Kompetenz auch in der Betriebssituation.
Das geschieht durch mehrere Zutaten. Da ist eine maximale Transparenz über unsere Aktivitäten und Ergebnisse. Diese erzeugen wir durch Reports wie auch durch regelmäßige Status & Empfehlungsgespräche, in denen wir auch die für den Kunden erreichte Verbesserungen proaktiv aufzeigen.
Und zusätzlich zur Transparenz auch durch unsere Kommunikationskompetenz im Eskalations- oder Problemfall. Wie agieren unsere Techniker und Supporter jetzt im Kundendialog? Reagieren sie empathisch und vorurteilsfrei für den Kunden. Nehmen sie die Anfrage so ernst, wie sie für den Kunden ist. Zeigen sie dem Kunden Lösungsalternativen und die damit verbunden Konsequenzen auf. Agieren sie zum besten Wohle des Kunden?
Zusammengefasst möchte ich heute vermitteln.
- Ohne Vertrauen gibt es keine erfolgreiche Geschäftsbeziehung
- Dafür dürfen wir uns und unseren Leistungen vollständig vertrauen
- Dafür geben wir dem Kunden einen Vertrauensvorschuss
- Dafür arbeiten wir an unserer Empathiefähigkeit und dem Verständnis für den Kunden
- Dafür zeigen wir schon im Vertriebsprozess eine Serviceexcellenz
- Und dafür sind wir im Betrieb transparent und auch bei Eskalation ein positiver und hilfreicher Partner
Ich wünsche Euch einen offenen Blick auf Eure individuelle Situation zu diesem Thema und gute Ideen für Eure persönliche Entwicklung und mögliche Veränderungen im Systemhaus.
Beste Grüße,
Euer Olaf Kaiser