Mitarbeiterentwicklung und Führungsentwicklung als ganzheitliches Modell

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Vielen Dank an Christian Weiß, den Vorstand der connecT SYSTEMHAUS AG, für das sehr spannende Gespräch zu verschiedenen Personalthemen.

Olaf: Mit welchen Fragestellungen im Bereich Personal seid ihr trotz Eures Wachstums in der Vergangenheit auch einmal unzufrieden gewesen?

Christian: Ich finde eine gesunde Unzufriedenheit ist etwas Schönes, weil daraus ja auch eine gute Zukunft entstehen kann. Und ich glaube, dieses Thema Recruiting und die Weiterentwicklung derer, die da sind, sind untrennbar verknüpft. Und wir haben sicherlich in der Vergangenheit so recruited, dass wir gesagt haben, wir stellen neue Leute ein, die irgendwen, der schon da ist, entlasten. Und dann ist jemand gekommen und der konnte letztlich auch allerhöchstens so gut werden wie der Werner, weil er hat ihm ja nur Dinge abgenommen.

Und dann haben wir ganz aktiv das Recruiting umgestellt und haben gesagt, wir wollen Leute einstellen, die etwas können, was wir heute noch nicht können. Und wir wollen Leute einstellen, die besser sind als Werner.

Und das führt natürlich im Umkehrschluss auch dazu, dass der Werner, der schon da ist, sich mit dem Neuen, der kommt, plötzlich messen will und vielleicht doch auch eher den Drang hat, sich weiterzuentwickeln. Und dann kommt es darauf an, dass man diese Chancen bietet, dass man eben sagt, ja, wir investieren in Fortbildung und da ist unsere Branche natürlich perfekt, weil wenn man sich weiterbilden will, dann kann man sich unendlich weiterbilden, sowohl kostenlos als natürlich dann auch bezahlte Schulungen, die man dann ganz aktiv buchen kann, sowohl bei Herstellern, aber natürlich auch, wenn es um Soft Skills geht.

Und das ist aus meiner Sicht auch der Schlüssel zum Erfolg, egal in welcher Branche, dass man es schafft, als Unternehmen Ziele zu definieren und diese dann mit den persönlichen Zielen des Mitarbeitenden matchen kann und wirklich Erfolgspläne schreibt und sich heute schon überlegt, wenn jemand kommt, der vielleicht eine Ausbildung startet, wo er mit 25 sein will, welche Meilensteine muss er erreichen? Welche Unterstützung braucht er? Aber natürlich auch, was muss er dafür selbst leisten, um das erreichen zu können.

Und das ist etwas, was wir ganz aktiv, sowohl formal, also durch wirklich geschriebene Erfolgspläne, aber natürlich auch durch eine enge Führung und durch ein enges Begleiten in den letzten Jahren dann immer wieder verbessert haben und auch natürlich Niederlagen erlitten haben, weil vielleicht mal ein Mitarbeiter gegangen ist, jemand das Ziel nicht erreicht hat. Und das scheitert ja nicht immer nur an demjenigen, sondern das scheitert ja auch an der Umgebung. Das kann auch an Führung scheitern.

 

In der Weiterentwicklung der connecT habt ihr euch vermutlich auch gefragt, wann braucht ein Team oder ein Bereich eine Führungsrolle? Wie ist Euer Modus, dass ihr erkennt, jetzt sind wir gewachsen und der nächste Aufbau ist eher auf der Führungsebene und nicht, dass Werner noch eine weitere Kollegin oder einen Kollegen hat?

Das ist eigentlich auch ein Punkt, wo wir so vor rund acht Jahren einen Fehler gemacht haben, der aus meiner Sicht auch vermeidbar ist, denn wir haben diese klassische zweite Führungsebene eingeführt und haben die besten Werners zu Führungskräften gemacht. Also der klassische Fehler, Menschen, die gut in ihrem Fach waren, die natürlich auch eine ganz hohe Akzeptanz im Team hatten, die wurden dann Teamleiter. Und was ist im Umkehrschluss passiert? Die Leistung im eigentlichen Fachgebiet ist gesunken, plus die Führungskompetenz war einfach nicht so vorhanden und konnte auch nicht so schnell aufgebaut werden, sodass natürlich auf beiden Seiten eine Unzufriedenheit entstanden ist. Sowohl bei der neuen Führungskraft als auch bei den Mitarbeitenden aus dem Team. Und das hat dann auch dazu geführt, dass wir zweimal Menschen aus der Führungsrolle wieder rausgenommen haben. Die sind beide im Team geblieben. Beide sind heute wirklich sehr zufriedene und extrem gute Facharbeiter.

Wir haben dann nochmal viel genauer hingeschaut, was braucht es, um bei Connect Führungskraft zu sein? Was würde zu den Teams passen? Welche Fähigkeiten brauchen wir? Und haben uns für ein Modell entschieden, in dem wir wenige disziplinarische Führungskräfte haben. Dafür aber eingeteilt sind in Skill-Teams. Also als Beispiel gibt es ein Skill-Team „Cloud & Collaboration“. Es gibt eins, das heißt „Managed Security“. Und diese Skill-Teams werden fachlich geführt von den wirklich fachlich Besten. Da gibt es regelmäßige Skill-Team Meetings, die erarbeiten ihre eigenen Standards, wie sie arbeiten möchten. Und diese – ich nenne sie einmal – Vorarbeiter haben in den Skill-Teams natürlich auch eine organisatorische Verantwortung, aber sie können sich aus den klassischen Personalthemen wie Urlaub, Gehalt, neuer Dienstwagen raushalten und somit auch guter Kollege bleiben, mit dem man entspannt beim Feierabendbier auch mal über den Vorstand lästern darf.

 

Die fachliche Führung und die disziplinarische Führung sind zwei unterschiedliche Kompetenzen. Und die Akzeptanz, so wie du das eben beschrieben hattest, die jemand hatte, als sie oder er noch nicht in der disziplinarischen Führung war, existierte aufgrund der Fachkompetenz. Wie geht ihr im Dialog mit den Mitarbeitenden mit diesen beiden unterschiedlichen Karrierewegen um?

Eigentlich sehe ich das, was die Wege unterscheidet, immer dann, wenn ich in diesen klassischen Kooperationsmeetings auf andere Geschäftsführer treffe und ich in wilde Diskussionen komme, wenn es um Dienstwagen etc. geht. Also wann bekommt man den größeren Dienstwagen, wenn man Teamleiter ist? Wann bekommt man mehr Geld, wenn man mehr Menschen unter sich hat?

Dieses System haben wir ganz aktiv aufgebrochen. Und es ist dann am Ende weniger greifbar und weniger regelbar. Ich kann es halt nicht mehr in der Pyramide zeichnen, sondern ich muss mir ein bisschen mehr Mühe dabei geben und muss es ein bisschen individueller gestalten. Aber es wird dann den Menschen viel gerechter. Und deswegen arbeiten wir ganz klar mit individuellen Zielen. Und bei uns kann der Managing Consultant, der keine disziplinarische Verantwortung hat, mehr verdienen, größeres Auto fahren, als der Bereichsleiter vom Marketing. Und das will ich auch genauso jederzeit weiter vertreten. Aber das ist natürlich nichts, was in vielen Unternehmen der Fall ist.

Stichwort Erfolgspläne. Du hast eben schon den mehrjährigen Horizont angesprochen und ihr habt ja auch viele junge Mitarbeitende in der Connect, wo vielleicht die klassische Recruitingfrage „wo sehen sie sich in drei Jahren?“ noch offen ist. Wie geht ihr mit dieser Unklarheit um?

Das ist ja ein realistisches Bild. Und wenn ich ehrlich bin, kann ich dir auch nicht genau sagen, wo ich in fünf Jahren bin. Und ich bin jetzt schon ein bisschen älter als die meisten, die jetzt bei uns anfangen. Ich glaube wichtig ist, dass man die Mitarbeitenden früh daran gewöhnt, sich solche Fragen zu stellen und sie dabei eng begleitet. Und z.Bsp. der Auszubildende, der weiß natürlich noch nicht, in welches Skillteam er später mal rein will.

Dann geben wir jedem die Chancen, sich auszuprobieren und Erfahrungen zu sammeln. Es ist mir aber wichtig, dass man in das Überprüfen der Ziele eine Regelmäßigkeit reinbringt. Und deswegen ist der Erfolgsplan bei uns auch so ausgelegt, dass er erst mal ein Jahr umfasst und manche Fragen eben mehrere Jahre umfassen. Und ich denke, ein Jahr sollte man immer im Voraus auch gewisse Themen für sich fix haben. Und das erwarten wir auch von jedem.

Und wenn es dann weitergeht, sind es oft ja auch persönliche Ziele, die die Mitarbeitenden umtreiben. Und bei uns in der Region – noch ganz klassisch -, haben viele das Ziel, sie wollen irgendwie ein Einfamilienhaus haben. Und wenn ich ein Einfamilienhaus haben möchte, dann ist z.Bsp. dieses klassische Vertriebsprovisionsmodell kein so gutes, weil die meisten Banken reagieren jetzt nicht so freundlich auf jemanden, der sagt, manchmal verdiene ich 100.000 Euro im Jahr und manchmal 200.000 Euro im Jahr und dann würde ich das Gehaltsmodell mit der Person eben auch so auslegen, dass es auf das persönliche Ziel matcht und dass er vielleicht ein höheres Fixum bekommen kann, um den Hauskredit einfacher und günstiger zu erreichen. So als Beispiel, wie sowas für mich matchen kann.

Und das hängt ja auch auf mit Partnerschaft zusammen. Wir stellen ganz viele Mitarbeitende ein, die unter 25 sind. Die haben weder eine Partnerin, Partner noch haben sie Kinder. Und damit würde sich ja auch wieder was verändern. Und deswegen sage ich auch, es ist so wichtig, an den Menschen dran zu bleiben und eben nicht nur einmal im Jahr, sondern auch unterjährig nochmal Gespräche zu führen, um auch Korrekturen an diesen Zielen einfach festhalten zu können, wenn sich die Umgebungsvariablen verändert haben.

Diese Gespräche so zu führen bedingt vermutlich eine hohe beidseitige Vertrauensebene. Denn sonst öffne ich mich vermutlich nicht als ganzer Mensch. Hast du Erfahrungen und Hilfestellungen für das Erreichen dieser hohen Vertrauensstellung?

Es gibt bei uns den Baustein, dass wir gerade die neuen Mitarbeitenden immer sehr früh, teilweise bevor sie ihren ersten Arbeitstag haben, mit anderen Mitarbeitenden vernetzen und gar nicht nur von Führungskraft zu neuen Mitarbeitern agieren, sondern sie bekommen Paten an die Seite gestellt, die sehr früh mit ihnen interagieren. Und wenn man dort im Vertrauensaufbau nicht versagt hat, dann hat man schon so eine kleine Basis. Und dann ist es aus meiner Sicht natürlich wichtig, dass man Vertrauen auch niemals enttäuscht, dass man zu seinem Wort steht, ganz realistisch auch mit den Menschen umgeht und dass man sich viel Zeit nimmt. Und das ist auch aus meiner Sicht ein weiterer Schlüssel zum Erfolg, die Zeit. Deswegen muss man auch spürbar raus aus dem Operativen und für sich selbst auch die Ziele anders setzen.

Das zu lernen, empfehle ich jeder Führungskraft und sich da ganz aktiv auch immer wieder zu hinterfragen, muss ich im Daily Business sein, weil sonst das Unternehmen nicht läuft, oder muss ich das für mich selbst, weil ich sonst meine Befriedigung nicht bekomme? Und ich glaube, bei vielen ist es dann doch so, dass die eigene Befriedigung aus dem Daily Business herauskommt und das gilt es abzuschalten.

Wie wichtig ist es euch, in dem Fachwirken der jeweiligen Mitarbeitenden auch messbare Ziele zu haben und wie dokumentiert Ihr diese?

Gerade in der heutigen Generation und der Generation, die auch jetzt in den Arbeitsmarkt kommt, noch entscheidender ist, dass diese messbaren Ziele, die vor allen Dingen kleinschrittig sind, immer wieder auch Belohnungsfaktoren auslösen können. Wir haben hier Menschen, die es gewohnt sind, wenn sie ein Foto hochladen, innerhalb von drei Stunden 100 Herzen zu bekommen und das pusht.

Diese messbaren Ziele dürfen sich aus meiner Sicht aber nicht mit den sozialen Zielen beißen, die wir auch beim Mitarbeiter haben. Denn mir ist es deutlich wichtiger, einen Mitarbeiter zu haben, der die Kultur lebt, der in seinen sozialen Skills ins Unternehmen passt, als jemand, der 50 Stunden mehr im Monat leistet. Das lässt sich immer so leicht sagen, wenn man ein erfolgreiches Unternehmen hat, wenn man in einer Branche ist, wo alle genug zu tun haben.

Aber wenn man nachhaltig denkt und wenn man drüber nachdenkt, dass man so ein Team beisammenhalten will, bei Laune halten will, dann bringt einem der eine Auftrag mehr, die 50 Dienstleistungsstunden mehr, nur sehr kurzfristig etwas. Und deswegen, ja, wir legen da Wert drauf, wir bonifizieren das auch, aber uns sind eben die Parameter Ausbildung und Verantwortung im Unternehmen übernehmen deutlich wichtiger, gerade wenn es um langfristige Entwicklungen geht.

 

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